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IWF: Deutschland ist der Musterschüler der Europäischen Wirtschaft - doch es gibt auch Tadel

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WASHINGTON - Kaum ein Land kommt im Weltwirtschaftsbericht des Internationalen Währungsfonds so gut weg wie Deutschland. Die Bundesrepublik ist für die Volkswirte aus Washington offensichtlich Europas Vorzeige-Volkswirtschaft. Doch es gibt einen Dauer-Kritikpunkt.

Die Ökonomen des Internationalen Währungsfonds (IWF) sind von Berufswegen kritisch. Kein Wunder, schließlich hängt die Vergabe milliardenschwerer Kredite an Krisenstaaten rund um den Globus nicht zuletzt von ihren Urteilen ab. Ein pures Lob der Volkswirte in Washington ist daher eine seltene Sache - und doch sprechen sie über kaum ein Land derzeit so positiv wie über Deutschland.

Der am Dienstag vorgestellte Weltwirtschaftsausblick stellt die Bundesrepublik als Musterknaben mit vortrefflichen Schulnoten dar. In Berlin wird man den Bericht wohl mit Freude lesen. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der in der Vergangenheit längst nicht immer einer Meinung mit dem IWF war, dürfte in dieser Woche mit gehörigem Selbstbewusstsein zur Frühjahrstagung des Währungsfonds und der Weltbank in die US-Hauptstadt reisen.

Ein stabiler Arbeitsmarkt und viel Zuversicht

Was den Analysten alles an Deutschland gefällt? Die Aufzählung ist lang: Vorteilhafte finanzielle Bedingungen. Ein stabiler Arbeitsmarkt. Eine steigende Binnennachfrage und zunehmende Zuversicht, mehr Konsum und ein "allmähliches Wiederaufblühen der Investitionen, aber auch des Immobilienmarktes", heißt es in dem Bericht.

Auf zig Seiten beschreiben die Forscher die gegenwärtigen Bedrohungen für die Weltwirtschaft und beteuern, wie zerbrechlich die Erholung noch ist. Kommen sie aber auf Deutschland zu sprechen, ist von "Aufwärtsrisiken" die Rede. Also davon, dass es für Europas größte Volkswirtschaft eher noch besser kommen könnte als bislang erwartet.

Während andere Nationen noch mit den Folgen zurückliegender Krisen zu kämpfen hätten, seien in Deutschland "die Altlast-Effekte der Krisen weitgehend nicht vorhanden", erklärt der IWF. Die gefährlich schwache Kreditvergabe während der Finanzkrise sei wie auch in den USA "fast komplett ins Gegenteil verkehrt". In der Eurozone, die sich gerade aus der Rezession quäle, sei die Bundesrepublik ein Beispiel für gesundes Wachstum.

Slowakei, Irland und Luxemburg sind noch besser

Tatsächlich sprechen die Zahlen in der neuen Analyse eine klare Sprache. Mit 1,7 Prozent Wachstum im laufenden Jahr und 1,6 Prozent im kommenden ist Deutschland den anderen großen Mitgliedern der Eurozone weit voraus. Frankreich kommt nach der Prognose auf 1 Prozent und 2015 auf 1,5 Prozent. Italien und Spanien schaffen es erst im kommenden Jahr überhaupt über die Einprozenthürde. Auf bessere Raten als Deutschland kommen in der Währungsgemeinschaft nur kleinere Volkswirtschaften wie die Slowakei, Irland oder Luxemburg.



Auch andere Daten sprechen für die Bundesrepublik. Warnt der IWF große Volkswirtschaften inständig vor einer Niedrig-Inflation weit unter dem Zielwert der Notenbanken, erwartet er von Deutschland 2015 mit 2,0 Prozent eine Punktlandung bei der Teuerungsrate. Beklagt er eine schwere Produktionslücke in vielen Ländern, nennt er Deutschland als Ausnahme. Auch die Arbeitslosenquote, die für 2015 mit 5,2 Prozent prognostiziert wird und damit mehr als halb so gering ist wie in der Eurozone insgesamt, gibt keinen Anlass zur Kritik. Selbst Westmächte mit höheren Wachstumszahlen wie die USA und Großbritannien kommen nicht so gut weg.

Trotz allem: Eine Eins bekommt Deutschland nicht

Doch ein reines Einser-Zeugnis mag der IWF den Deutschen nicht ausstellen. Das dicke Plus in der Leistungsbilanz ist den Ökonomen nach wie vor ein Dorn im Auge. Sie sehen darin eine Ursache für die Ungleichgewichte in der Weltwirtschaft. Berlin müsse durch eine Reform des Steuer- und Finanzsystems und eine Deregulierung des Dienstleistungssektors mehr Investionen anregen - und auch mehr öffentliche Investitionen tätigen, fordern die Autoren. Das sei nicht nur an sich wünschenswert, sondern würde auch die Leistungsbilanz geradeziehen.

Gleich zwei Mal spricht der IWF-Bericht diesen Wunsch klar aus - das ist mehr als ein subtiles Signal. Doch die Forderung ist nicht neu und auch von der US-Regierung kommt sie immer wieder. Erst am Montag hieß es aus dem Finanzministerium erneut, der deutsche Staat müsse mehr in das Wachstum investieren. Doch in Deutschland verbittet man sich solche Versuche der Einmischung meist. Nicht nur hätte die Eurozone ohne Deutschland ein Handelsdefizit, heißt es dann als Entgegnung. Auch werde das deutsche Wachstum bereits durch die gute Inlandsnachfrage gestützt.


Auch auf HuffingtonPost.de: Was verbirgt sich hinter dem mysteriösen Google-Schiff?


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