Die ersten Sekunden des ARD-Markenchecks zur Deutschen Bahn geben schon die Richtung vor: "Aufgrund von Störungen im Betriebsablauf verzögert sich dieser Film um wenige Sekunden. Wir bitten um Ihr Verständnis!“
Die Deutsche Bahn bekommt in der ARD-Doku (Montag, 8. September, 20.15 Uhr) ordentlich Gegenwind. Keim-Salat im Bord-Bistro, Statistik-Tricks, Kundentäuschung - das sind die wichtigsten Kritik-Punkte im Überblick:
1. Billige Tickets gibt’s nur versteckt
Testkunden suchten für den ARD-Markencheck Billig-Tickets für die Strecke Düsseldorf nach Gütersloh. Sie fanden Tickets für 31,90 Euro und das „Sparticket“ für 28,50. Der Preis für das günstigste Ticket lag jedoch bei 17,80 Euro. Dass die Automaten der Deutschen Bahn mitunter nervtötend sind und in der Bedienung keinesfalls intuitiv sind: geschenkt. Doch der ARD-Markencheck zeigt: Die Bahn versteckt günstige Tickets - in der Hoffnung, dass sie kein Kunde findet?
Das zeigt sich auch bei weiteren Entfernungen. So kostet eine Hin- und Rückfahrt in Fernzügen von Wuppertal nach Bayreuth zwischen 330 Euro und 338 Euro. Im Internet gibt es Tickets immerhin für 258 Euro. Und am Schalter, im "Reisezentrum" der Deutschen Bahn? Hier gibt es Preise zwischen 320 Euro und 388 Euro.
Falsche Kundenberatung oder Inkompetenz der "Reisezentrum"-Mitarbeiter? „Das kann ich im Einzelfall nicht beurteilen. Wo Menschen arbeiten, passieren auch Fehler“, sagt ein Bahnsprecher im ARD-Markencheck. Außerdem hätte die Mitarbeiter einen „recht anstrengenden Job“ und die Bahn habe ein „herausforderndes Preissystem“. Ein anstrengender Job als Ausrede für falsche Beratung? Die Bahn meint das ernst, und die die Fernbus-Konkurrenz wird sich freuen.
2. Pünktlichkeit: Trauen Sie keiner Statistik, die Sie nicht selbst gefälscht haben!
Die Deutsche Bahn lobt sich selbst: 95 Prozent der Züge seien in den ersten Monaten 2014 pünktlich gewesen, hätten also weniger als Minuten Verspätung gehabt. Doch Bahnfahrer, die ihre Routen für die ARD dokumentierten, machten andere Erfahrungen. Nur 76 Prozent der Züge hatten weniger als sechs Minuten Verspätung. Wie es zu dem Unterschied kommt? Die ARD-Testfahrer zählten auch Verspätungen mit, die durch Zugausfälle oder verspätete Anschlusszüge entstanden sind.
3. Ekel-Salate mit Darmbakterien:
Dass manchmal Urin im Klo ist, weil nicht abgezogen wurde - das kann man der Bahn nun wirklich nicht anlasten. Da sind die Kunden gefragt, dass sie die Toiletten auch so hinterlassen, wie sie sie selbst vorfinden wollen. Zumal: Die meisten Toiletten im Check waren sauber.
Doch leider reicht Toilettenhygiene nicht aus. Die Bahn selbst sagt zwar, dass auch die Küche ein „hoch sensibler“ Hygienebereich sei. Allein: In der täglichen Hygiene merkt man davon nicht viel - zumindest dann nicht, wenn die ARD-Markencheck-Recherchen keine Einzelfälle sind.
Zwei von fünf Salaten aus einem Bordbistro enthielten deutlich zu viele Darmbakterien. Die Bakterien können zu Erbrechen und Durchfall führen. Ein Experte vom Neusser Labor Dr. Fooke kritisierte auch die mangelnde Hygiene auf Tischen. Auf den meisten der getesteten Tische eine „hohe Keimzahl“ gegeben. Eine Keimbelastung sei normal, aber nicht in diesem Ausmaß. Die Analyse des Labors: Hier wurde entweder überhaupt nicht oder nicht ordnungsgemäß gereinigt.
4. Die Deutsche Bahn lässt ihr Schienennetz verkommen
Ein Lokführer, der unerkannt bleiben will, zeigt der ARD ein vertrauliches Dokument, die alle„Langsamfahrstellen“ auflistet. Also Stellen, auf denen die Bahn nicht mit 140 Sachen fährt, nicht mit 70, sondern auch mal mit nur 10 oder 40 Kilometern pro Stunde. Das Problem: Marode Stellen würden nicht repariert, sondern in den Fahrplan eingearbeitet, kritisiert der Lokführer. Devise: Lassen wir es weiterbröckeln. Allein im Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg gebe es rund 250 Stellen, an denen Schäden im Schienennetz den Verkehr ausbremsen.
Die Bahn verteidigt sich immer wieder gegen Vorwürfe, man lasse das Schienennetz verkommen. Für Diskussion sorgte kürzlich eine Studie der Lobby-Vereinigung "Allianz pro Schiene" und der Unternehmensberatung SCI. Sie ergab, dass nur Frankreich und Spanien weniger in ihre Schienennetze investieren als Deutschland.
Die Deutsche Bahn bremst den Verkehr manchmal auch aus, weil offenbar Unterhaltungskosten für Weichen gespart werden. Und in der Folge auch Gleise komplett verschwinden – wie in Bochum-Wattenscheid. Dort gab es früher einen Gleis, auf dem verspätete Fernverkehrszüge Regionalzüge überholen konnten, berichtet der ARD-Markencheck. Den Gleis gibt es nicht mehr. Der Verkehr im Ruhrgebiet habe sich in den vergangenen zwanzig Jahren auf den Ferngleisen fast verdoppelt, sagt der Felix Berschin. Er ist Berater bei der auf Nahverkehr spezialisierten Berliner Beratung KCW. Dass in Wattenscheid der Überholgleis verschwunden ist, hält Berschin daher für „nicht nachvollziehbar“.
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Die Deutsche Bahn bekommt in der ARD-Doku (Montag, 8. September, 20.15 Uhr) ordentlich Gegenwind. Keim-Salat im Bord-Bistro, Statistik-Tricks, Kundentäuschung - das sind die wichtigsten Kritik-Punkte im Überblick:
1. Billige Tickets gibt’s nur versteckt
Testkunden suchten für den ARD-Markencheck Billig-Tickets für die Strecke Düsseldorf nach Gütersloh. Sie fanden Tickets für 31,90 Euro und das „Sparticket“ für 28,50. Der Preis für das günstigste Ticket lag jedoch bei 17,80 Euro. Dass die Automaten der Deutschen Bahn mitunter nervtötend sind und in der Bedienung keinesfalls intuitiv sind: geschenkt. Doch der ARD-Markencheck zeigt: Die Bahn versteckt günstige Tickets - in der Hoffnung, dass sie kein Kunde findet?
Das zeigt sich auch bei weiteren Entfernungen. So kostet eine Hin- und Rückfahrt in Fernzügen von Wuppertal nach Bayreuth zwischen 330 Euro und 338 Euro. Im Internet gibt es Tickets immerhin für 258 Euro. Und am Schalter, im "Reisezentrum" der Deutschen Bahn? Hier gibt es Preise zwischen 320 Euro und 388 Euro.
Falsche Kundenberatung oder Inkompetenz der "Reisezentrum"-Mitarbeiter? „Das kann ich im Einzelfall nicht beurteilen. Wo Menschen arbeiten, passieren auch Fehler“, sagt ein Bahnsprecher im ARD-Markencheck. Außerdem hätte die Mitarbeiter einen „recht anstrengenden Job“ und die Bahn habe ein „herausforderndes Preissystem“. Ein anstrengender Job als Ausrede für falsche Beratung? Die Bahn meint das ernst, und die die Fernbus-Konkurrenz wird sich freuen.
2. Pünktlichkeit: Trauen Sie keiner Statistik, die Sie nicht selbst gefälscht haben!
Die Deutsche Bahn lobt sich selbst: 95 Prozent der Züge seien in den ersten Monaten 2014 pünktlich gewesen, hätten also weniger als Minuten Verspätung gehabt. Doch Bahnfahrer, die ihre Routen für die ARD dokumentierten, machten andere Erfahrungen. Nur 76 Prozent der Züge hatten weniger als sechs Minuten Verspätung. Wie es zu dem Unterschied kommt? Die ARD-Testfahrer zählten auch Verspätungen mit, die durch Zugausfälle oder verspätete Anschlusszüge entstanden sind.
3. Ekel-Salate mit Darmbakterien:
Dass manchmal Urin im Klo ist, weil nicht abgezogen wurde - das kann man der Bahn nun wirklich nicht anlasten. Da sind die Kunden gefragt, dass sie die Toiletten auch so hinterlassen, wie sie sie selbst vorfinden wollen. Zumal: Die meisten Toiletten im Check waren sauber.
Doch leider reicht Toilettenhygiene nicht aus. Die Bahn selbst sagt zwar, dass auch die Küche ein „hoch sensibler“ Hygienebereich sei. Allein: In der täglichen Hygiene merkt man davon nicht viel - zumindest dann nicht, wenn die ARD-Markencheck-Recherchen keine Einzelfälle sind.
Zwei von fünf Salaten aus einem Bordbistro enthielten deutlich zu viele Darmbakterien. Die Bakterien können zu Erbrechen und Durchfall führen. Ein Experte vom Neusser Labor Dr. Fooke kritisierte auch die mangelnde Hygiene auf Tischen. Auf den meisten der getesteten Tische eine „hohe Keimzahl“ gegeben. Eine Keimbelastung sei normal, aber nicht in diesem Ausmaß. Die Analyse des Labors: Hier wurde entweder überhaupt nicht oder nicht ordnungsgemäß gereinigt.
4. Die Deutsche Bahn lässt ihr Schienennetz verkommen
Ein Lokführer, der unerkannt bleiben will, zeigt der ARD ein vertrauliches Dokument, die alle„Langsamfahrstellen“ auflistet. Also Stellen, auf denen die Bahn nicht mit 140 Sachen fährt, nicht mit 70, sondern auch mal mit nur 10 oder 40 Kilometern pro Stunde. Das Problem: Marode Stellen würden nicht repariert, sondern in den Fahrplan eingearbeitet, kritisiert der Lokführer. Devise: Lassen wir es weiterbröckeln. Allein im Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg gebe es rund 250 Stellen, an denen Schäden im Schienennetz den Verkehr ausbremsen.
Die Bahn verteidigt sich immer wieder gegen Vorwürfe, man lasse das Schienennetz verkommen. Für Diskussion sorgte kürzlich eine Studie der Lobby-Vereinigung "Allianz pro Schiene" und der Unternehmensberatung SCI. Sie ergab, dass nur Frankreich und Spanien weniger in ihre Schienennetze investieren als Deutschland.
Die Deutsche Bahn bremst den Verkehr manchmal auch aus, weil offenbar Unterhaltungskosten für Weichen gespart werden. Und in der Folge auch Gleise komplett verschwinden – wie in Bochum-Wattenscheid. Dort gab es früher einen Gleis, auf dem verspätete Fernverkehrszüge Regionalzüge überholen konnten, berichtet der ARD-Markencheck. Den Gleis gibt es nicht mehr. Der Verkehr im Ruhrgebiet habe sich in den vergangenen zwanzig Jahren auf den Ferngleisen fast verdoppelt, sagt der Felix Berschin. Er ist Berater bei der auf Nahverkehr spezialisierten Berliner Beratung KCW. Dass in Wattenscheid der Überholgleis verschwunden ist, hält Berschin daher für „nicht nachvollziehbar“.
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