Quantcast
Channel: Germany
Viewing all articles
Browse latest Browse all 24594

Alexander Schubert, der Böse aus dem "Tatort" München: Warum es geil ist, ein Arschloch zu spielen

$
0
0
Im Münchner Tatort "Allmächtig" (Sonntag, 20.15 Uhr, ARD) spielt Alexander Schubert den Albert Anast. Einen skrupellosen Reporter, der für eine Geschichte keine Rücksicht auf Verluste nimmt. Und dafür umgebracht wird.

Im Gespräch mit der Huffington Post kritisiert Schubert die Sensationslust von Journalisten. „Heutzutage weiß doch jeder Sensationsjournalist, wie man genau die Fragen stellt, damit beim Gegenüber die Tränen kommen“, sagte Schubert im Interview mit der Huffington Post. „Und wenn sie nicht sofort kommen, wird gebohrt, gebohrt, gebohrt, bis man die Reaktion hat, die man gerne hätte. Das hat sich in den letzten Jahren immer mehr gesteigert.“

Solche Journalisten zögen ihre Existenzberechtigung daraus, dass die Leute ihre Arbeit annähmen, indem sie einschalteten. „Ich glaube, dass jeder Mensch grundsätzlich eine Sensationslust in sich hat und Ablenkungen aus seinem Alltag gerne annimmt“, sagte Schubert der Huffington Post. „Dinge, die einem das Gefühl geben, dass auch andere Menschen Probleme haben. Man sieht sich das an, würde das aber nie zugeben. Ich meine, niemand guckt das ,Dschungelcamp' und niemand liest die ,Bild'-Zeitung. Aber alle wissen Bescheid.“

Die Rolle des bösen Journalisten zu spielen, habe ihm Spaß gemacht, sagte Schubert. Jenseits der Rolle sei er aber nicht der Typ dafür. „Ich habe mal bei einer Staffel ,Verstehen Sie Spaß’ in den Einspielern mitgewirkt, wo man auch, auf eine humorvolle Art und Weise, Menschen in die Privatsphäre reintrampelt und versucht, sie zu etwas Lustigem zu bewegen. Das hat mich jedes Mal eine Heidenüberwindung gekostet und ich habe schnell gemerkt, dass das nicht mein Ding ist.“


Lesen Sie hier das komplette Interview:

Huffington Post: Herr Schubert, ist es geil, ein Arschloch zu spielen?
Alexander Schubert: Ja! Aber ich musste erst überlegen, ob der Anast tatsächlich so ein Arschloch ist. Niemand von den „Bösen“ hält sich schließlich selbst für böse. Deshalb sind die Beweggründe, die ich für die Figur als Basis genommen habe, im Grunde auch gar nicht so böse. Dass er letztendlich doch so rüberkommt, freut mich und war auch so beabsichtigt.



HuffPost: Was waren das für Beweggründe?
Schubert: Grundsätzlich glaube ich, dass er ursprünglich mal ein positives Anliegen hatte, mit dem, was er da macht. Sich der Sensationslust hinzugeben und reißerisch und schließlich menschenverachtend zu werden, das ist eine Entwicklung und nur die Spitze vom Eisberg, der schon vorher gewachsen ist. Und es ist das, was er glaubt, das die Medien von ihm erwarten.

HuffPost: Also seine Interpretation des Berufs des Journalisten quasi?
Schubert: Ja, die Nische, die er als Journalist gesucht und gefunden hat. Heutzutage weiß doch jeder „Sensationsjournalist“, wie man genau die Fragen stellt, damit beim Gegenüber die Tränen kommen. Und wenn sie nicht sofort kommen, wird gebohrt, gebohrt, gebohrt, bis man die Reaktion hat, die man gerne hätte. Das hat sich in den letzten Jahren immer mehr gesteigert.

HuffPost: Ist das Ihr Bild von Journalisten, dass die alle so sind wie er? Auch wir?



Schubert: Nein, sonst würde ich wahrscheinlich nicht hier sitzen. Ich habe überhaupt nichts gegen Journalisten. Ich habe nur etwas dagegen, wenn ihre Arbeit pervertiert, nur um auf Quote zu kommen. Aus allem eine Sensationsberichterstattung zu machen. Kleinigkeiten riesig aufzublasen. Und Privatpersonen in die Privatsphäre hineinzutreten, zu demaskieren und bloßzustellen. Da ist bei mir dann die Grenze.







HuffPost: Aber wenn man mit gewöhnlicher Berichterstattung die Leute einfach nicht mehr vom Hocker reißen kann?
Schubert: Das ist das Problem. Es gibt ganz viele Menschen, die ihr Geld mit moralisch fragwürdigen Dingen verdienen. Und sie ziehen eine Existenzberechtigung daraus, dass die Leute es annehmen.

HuffPost: Reicht das, wenn man Leute für etwas begeistern kann, auch wenn es moralisch schwierig ist?
Schubert: Offenbar. Ich glaube, dass jeder Mensch grundsätzlich eine Sensationslust in sich hat und Ablenkungen aus seinem Alltag gerne annimmt. Dinge, die einem das Gefühl geben, dass auch andere Menschen Probleme haben. Man sieht sich das an, würde aber das nie zugeben. Ich meine, niemand guckt das Dschungelcamp und niemand liest die Bild-Zeitung. Aber alle wissen Bescheid.

HuffPost: Würden Sie sich die Serie, um die es im Tatort geht, anschauen?
Schubert: Ähm... nein. Ich bin kein Freund von Fremdschämen. Ich schaue lieber Dokumentationen die mit dem Wissen der Menschen, die da mitmachen, produziert wurden. Dann ist es auch okay, wenn sie auf dem falschen Fuß erwischt werden.

HuffPost: Wie erwischt man Sie auf dem falschen Fuß?
Schubert: Das werde ich jetzt doch nicht verraten. Es ist auf jeden Fall keine explizite Sache. Ich versuche immer, gut vorbereitet zu sein.

HuffPost: Wie bereiten Sie sich auf so ein Gespräch wie dieses vor?
Schubert: Indem ich versuche, mich locker zu machen. Und ich hoffe einfach, dass nicht zu viel Blödsinn dabei rauskommt.





HuffPost: Aber Sie googlen nicht, wer wir sind, was wir gemacht haben und antizipieren dann unsere Fragen?
Schubert: Nein. Aber ich bin ein großer Freund davon, das alles im Anschluss nochmal zu lesen. Weil der Unterschied zwischen dem gesprochenen und dem geschriebenen Wort schon eklatant ist... Weil man beim Sprechen von da nach da springt, keine klare Linie im Satz findet und es liest sich, als wäre man ein total unkonzentrierter Typ. Deswegen versuche ich immer die Sätze im Vorfeld schon so zu bauen, dass es gut klingt... aber naja... Ich habe zu wenig Interviewtraining gemacht in meinem Leben.

HuffPost: Man kennt Sie aus der „heute-show“ des ZDF ja bereits in der Rolle des Reporters Albrecht Humboldt. Der ab und an auch ein bisschen böse ist...
Schubert: Ja, aber der hat nichts mit dem aus dem Tatort gemeinsam. Außer, dass beide als Reporter arbeiten. Der eine ist ein Egomane und der andere ist ein Muttisöhnchen. Albrecht Humboldt ist im Grunde genommen genau so ein Opfer, wie es Albert A. Anast gerne hat.

HuffPost: Was sind Sie privat für ein Typ, im Gegensatz zu Anast?



Schubert: Ich habe mal bei einer Staffel „Verstehen Sie Spaß“ in den Einspielern mitgewirkt, wo man auch, auf eine humorvolle Art und Weise, Menschen in die Privatsphäre reintrampelt und versucht, sie zu etwas Lustigem zu bewegen. Das hat mich jedes Mal eine Heidenüberwindung gekostet und ich habe schnell gemerkt, dass das nicht mein Ding ist. Ich bin ein Freund von Absprachen. Ich bin mehr ein Kopfschauspieler.

HuffPost: Ein Kopfschauspieler?
Schubert: Es gibt zwei verschiedene Arten von Schauspielern: Kopfschauspieler und Bauchschauspieler. Bauchschauspieler sind die Kollegen, die eine Rolle mit ihrer eigenen Persönlichkeit übernehmen. Auf der anderen Seite gibt es Schauspieler, die nehmen ihre eigene Persönlichkeit eher zurück und lassen so immer wieder neue Charaktere entstehen.

HuffPost: Bauchschauspieler sind die, die mehr auf sich halten? Oder angesehener sind, weil man ein klares Bild von ihnen hat und man sie immer nur als sie selbst wahrnimmt?
Schubert: Das würde ich so nicht sagen. Die entscheidende Frage ist immer, ob einem das Publikum gerne zusieht. Mir hat mal ein Produzent gesagt: „Selbst wenn du einen pädophilen Massenmörder spielst, mach ihn menschlich.“

HuffPost: Das ist Ihr Motto?
Schubert: Ja, immer. Ich muss Verständnis und Zuneigung für die Figur entwickeln. Ich glaube, eine Figur die man nicht mag, kann man auch nicht gut spielen.

HuffPost: Wie versetzt man sich in die Situation eines pädophilen Massenmörders?
Schubert: Ich habe keine Ahnung. Ich habe das noch nie gemacht, weil ich noch nie die Möglichkeit dazu bekommen habe... Aber letztendlich ist es immer das Gleiche: Es geht darum, Anerkennung und Glück zu finden. Im Grunde wollen alle einfach nur geliebt werden.

HuffPost: Würden Sie auch mal gerne in der Rolle eines Tatort-Kommissars geliebt werden anstatt in der des Bösen?
Schubert: Unbedingt.

HuffPost: Wir sensationslustigen Journalisten könnten nun schreiben, dass Alexander Schubert seinen Kollegen die Rolle wegnehmen will.
Schubert: Das könnten Sie machen. Aber erstens machen Udo Wachtveitl und Miroslav Nemec einen fantastischen Job. Und zweitens: Es kommen immer wieder neue Rollen, die man niemandem wegnehmen muss. Vielleicht ist ja irgendwann auch ein Kommissar dabei. Ich hätte Bock drauf.

Viewing all articles
Browse latest Browse all 24594

Trending Articles



<script src="https://jsc.adskeeper.com/r/s/rssing.com.1596347.js" async> </script>