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Warum stirbt das Radio nicht?

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Eigentlich hätte die letzte Radiosendung ja längst gelaufen sein müssen, aber das Gegenteil ist der Fall: in einigen Altersgruppen der digital natives wird sogar mehr Radio gehört als je zuvor. Fast 80% der Deutschen hören im Schnitt täglich 199 Minuten Radio. Damit ist Deutschland Weltmeister, noch vor Frankreich, Italien und den USA.

Spannend ist vor allem, dass dieser Rekord auch von den unter 30-Jährigen gehalten wird. Einige Gründe dafür sind simpel: Radio hören geht auch neben Facebook, Twitter, Pinterest und Whatsapp perfekt, mit parallelem Bewegtbild-Konsum während des "social webbings" ist es schon deutlich schwieriger. Und auch wenn das "vernetzte Auto" mittlerweile den Zalando-Einkauf vom Lenkrad aus ermöglicht, entscheiden sich viele Fahrer gegen den drohenden Crash mit dem Vordermann und hören dem weniger Aufmerksamkeit fordernden Akustikprogramm zu.

Ein weiterer Grund ist der Wunsch, neben den digitalen Reisen durch das immer unübersichtliche Web einen Bezug zur eigenen Region, zur eigenen Stadt zu halten: der Moderator von, sagen wir, Radio Bielefeld, sitzt ziemlich verlässlich wirklich in dieser Stadt, in einem real existierenden Studio, dass man vom Vorbeigehen kennt und im Zweifelsfall weiß der Mensch am Mikrophon sogar, dass morgen wegen der WM-Fanmeile auf der einzigen Hauptstraße des Ortes nichts geht mit dem Auto. "Ein Radiosender schafft Nähe, Emotionen und Glaubwürdigkeit", meint Marc Erny von der Hörfunkagentur allmediachannels in Berlin.

Radio hat seine Stellung als "Begleiter durch den Tag" überzeugend verteidigen können, im Gegensatz zum Bedeutungsverlust bei TV und Papier-Zeitung. Die Zeitung kann nichts daran ändern das zwischen Redaktionsschluss, Druck und Ankunft beim Leser aus digitaler Sicht Jahrhunderte vergehen und das Fernsehen arbeitet so erfolgreich am gegenseitigen Kopieren, dass Youtube dagegen intellektuell erfrischend wirkt: Hier finden die neuen Ideen und Stars statt, nicht in der x-ten Kopie von "Deutschland sucht den Superstar" oder einem weiteren Bohlen-Raab-Verschnitt.

Radio muss auf Fliegenklatschen-Mützen tragende, gealterte Tennisspieler in Großaufnahme verzichten und hat nur das Wort. Das zwingt offenbar zu einer Originalität und kontinuierlichen Entwicklung neuer Ideen, was von den Hörern dankbar angenommen wird.

Nach wie vor.

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