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Multistakeholder setzen auf digitale Menschenrechte

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„Das Internet ist anders", sagt der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier und meint damit vor allem die Abwesenheit von Hierarchien bei wichtigen Entscheidungen zur globalen Netzpolitik. Nicht zu vergleichen mit NATO-Gipfeln oder G 20 Treffen unter strengen protokollarischen Rangfolgen. Beim europäischen Internetdialog EuroDIG vergangene Woche in Berlin brachte der Sozialdemokrat vor rund 700 Besuchern aus 67 Ländern auch seine Sympathie für das hier praktizierte Modell der „Multistakeholder" zum Ausdruck - einer Form der gleichberechtigten Zusammenarbeit verschiedener Akteure aus Wirtschaft, Zivilgesellschaft, Regierung und Wissenschaft.

„Das macht das Netz frei, sicher und offen und dadurch auch fähig zum offenen Dialog", so Steinmeier weiter. Wegen seiner Komplexität ginge das auch gar nicht anders und niemand allein könne Freiheit und Sicherheit in der digitalen Welt ausgleichen. Internet Governance sei zudem keine Sache der Nationen allein mehr, sondern auch eine Frage der Außenpolitik.

Globale Herausforderungen erforderten globale Lösungen. Das gelte natürlich auch für den Mittelstand. „Industrie 4.0" nennt Steinmeier eine mächtige Herausforderung. Als Sozialdemokrat erinnere er sich noch gut an den Slogan vor 100 Jahren, als während der industriellen Revolution eine der Schlüsselideen der Arbeiterbewegung war, jedem Kind ein Buch in die Hand zu geben. Heute solle man jedem Kind einen Laptop schenken.

Als Vertreter des Staates sehe er sehr wohl die Gefahr im Zusammenhang mit „Big Brother". Die von Edward Snowden enthüllten Praktiken hätten das Vertrauen der Europäer zu den USA beschädigt. In der vernetzten Welt seien keine unsichtbaren Hände nötig, sondern Transparenz und Glaubhaftigkeit. Während der Rede von Steinmeier hatten einige Teilnehmer der Konferenz spontan ihre Solidarität mit Edward Snowden bekundet. Internet-Aufklärer wie Jacob Appelbaum vom Tor-Projekt forderten dazu auf, Edward Snowden endlich die Reise nach Deutschland zu ermöglichen.

Wirtschaft setzt auf globale Transparenz

Das Internet erlebt stürmische Zeiten. Nicht zuletzt wegen der Abhör-Affaire ist das Vertrauen der Nutzer erschüttert, Unternehmen angesichts der ungeklärten Rahmenbedingungen verunsichert. Prof. Michael Rotert, der Vorstandsvorsitzende des Verbandes der deutschen Internetwirtschaft (eco), hofft deshalb, dass man auf der Grundlage der Multistakeholder-Prinzipien weiter arbeiten kann. Er meint dabei auch die Anpassung an die wirtschaftliche Umgebung seiner Branche.

Vor allem aber sieht er die EuroDIG - eco war offizieller Gastgeber - als Chance für das Schmieden von Allianzen unter den Europäern, aber auch mit amerikanischen Firmen, die auf dem europäischen Markt tätig sind. Dass es dabei nur global gehe, habe ihm die internationale Multistakeholder-Konferenz zur Kontrolle und Verwaltung des Internets „Netmundial" im April diesen Jahres in Sao Paolo noch einmal verdeutlicht.

Europa fordert digitale Menschenrechte

Europa will sich mit seiner langen Geschichte der Freiheit und Aufklärung politisch heute mehr denn je für digitale Menschenrechte engagieren. Jan Malinowski vom Strasburger Europarat sagte, dass die alten Prinzipien des Rechtes auf freie Meinungsäußerung umso mehr für das digitale Zeitalter gelten. Der Europarat präsentierte auf der EuroDIG einen Leitfaden zu Menschenrechten und ein Strategiepapier zur Internet-Governance.

Die EU-Kommission zieht nach und möchte das Global Internet Policy Observatory (GIPO) - eine online Plattform zur weltweiten Sammlung und Visualisierung von Informationen zur globalen Internetpolitik - weiter ausbauen, informierte Cristina Monti von der Generaldirektion Kommunikationsnetze, Inhalte und Technologie (DG Connect). Der grüne Europaparlamentarier Jan-Philipp Albrecht forderte, dass aktuelle rechtliche und technische Standards den Realitäten des digitalen Zeitalters angepasst werden müssen. "Manche Behörden nutzten Systeme, von denen sie nicht wissen, ob das hinsichtlich der Datenverarbeitung und der Software auch rechtens ist", so Albrecht.

Sofia nächster Gastgeber der EuroDIG

Weiter geht es mit der EuroDIG im nächsten Jahr in Sofia. Dort, so Prof. Wolfgang Kleinwächter, weltweit seit vielen Jahren einer der wichtigsten Experten für Internet-Governance, soll der Multistakeholder-Prozess fortgesetzt werden. Vielleicht dann mit einer osteuropäischen Note. Doch auch kurzfristige Ereignisse bestimmen die Debatte um das Internet, so Kleinwächter weiter. In einer Woche findet der US-Germany Cyberdialogue statt. Dort will man die Menschenrechtssicht auf die Fragen der Informationsgesellschaft klar herausstellen.

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