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Das Märchen von der Umverteilung

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Geschrieben von den Gebrüdern Grimmig und es beginnt wie alle Märchen mit:

Es war einmal eine Königin, die meinte, dass es an der Zeit sei, sich neu zu vermählen. Also sah sie sich im Lande um und erwählte einen Prinzgemahl mit stattlicher Leibesfülle und einem kleinen, aber kampfeslustigen Gefolge.

Königin Angela nahm Prinz Sigi zum Manne und ließ einen Vermählungsvertrag schreiben. Darin stand, dass sie beide dem Volke viel Freude schenken wollten, man künftig weniger und kürzer arbeiten müsse, Mütter mehr Rente bekommen sollten und Leute ohne Beruf einen garantierten Lohn kassieren dürften.

Sie ernannten eine schwarzhaarige Trommlerin zur Geldverteilerin, zogen zu dritt von Marktplatz zu Marktplatz und verkündeten ihren erfreuten Untertanen, dass es ihnen allen ganz schnell besser gehen sollte als je zuvor. Ihre Auftritte wurde zu einer Triumphreise durch die Lande und das Volk huldigte den beiden Regenten mit ihrer Geldausschütterin. Die Menschen waren sich sicher, dass das benötigte Geld aus den Schatullen des Königshauses käme, und lebten vier Jahre ein sorgloses Leben.

Nach dieser Zeit jedoch erkannte der Schatzmeister, dass die Säckel leer seien, zu wenig Menschen Arbeit hätten und ab sofort für alle Bewohner drastisch höhere Abgaben fällig seien. Da merkten die Begünstigten schnell, dass sie viel mehr an erhöhten Abgaben zahlen mussten, als ihre Mehreinkünfte betrügen und dass vor allem ihre Kinder viel mehr abgeben mussten als alle Kinder je zuvor.

Der Hofnarr erklärte, dass dies doch jeder vorher habe erkennen können, jeder hätte nur besser aufpassen müssen. Insofern sei doch die Verarmung die Schuld des dummen Volkes und nicht die der Regenten. Es kam zu einem Aufruhr, die Königin floh zu dem benachbarten Herrscher eines östlichen Reichs und der Prinzgemahl versteckte sich in einem Waldwirtshaus. Die Geldverteilerin wurde vom gemeinen Volk als Hexe beschimpft und in einen düsteren Wald verschleppt, wo sie einem Gerücht zufolge noch heute Bärlauch, Huflattich und Spitzwegerich für eine Kräuterlikörfabrik zupfen soll.

Das Volk sorgte sich um seine Zukunft und begehrte, mit dem reichen Griechenland vereinigt zu werden, damit man wieder eine Zukunftsaussicht hätte. Und wenn sie nicht gestorben sind, erzählen die Leute noch heute von der schönen Zeit vor dem Amtsantritt von Angie und Sigi.

Günter Morsbach
Herausgeber „Reitender Bote -
die kürzeste Wochenzeitung der Welt"
www.reitender-bote.de

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